Am 22. Oktober ist der Welttag des Stotterns. Er steht dieses Jahr unter dem Motto "Stotternde redet! Ihr bewegt viel!" Die Initiatoren wollen hiermit auf die Probleme der Betroffenen aufmerksam machen. Außerdem will er die Betroffenen motivieren und über die heutigen Behandlungsmöglichkeiten aufklären.
800.000 Menschen in Deutschland stottern. Die Sprechbehinderung tritt in allen Kulturen und Schichten auf. Ursache des Stotterns ist eine Störung im Sprechablauf, eine Fehlfunktion in der Zusammenarbeit der linken und rechten Gehirnhälfte, die wahrscheinlich genetisch bedingt ist. Dennoch wird das Ringen mit den Worten häufig mit mangelnder Intelligenz, extremer Schüchternheit oder psychischen Störungen verbunden – Vorurteile, die nicht wenige Betroffene verstummen lassen. „Stotternde redet! Ihr bewegt viel!“ lautet deshalb in diesem Jahr das Motto für den 22. Oktober, den Welttag des Stotterns.
Behandelt werden kann die Sprechbehinderung inzwischen gut. „Eine seriöse Stottertherapie kann bei Kindern und Erwachsenen nachhaltige Erfolge erzielen“, stellt Dr. Matthias Kremer, Vorsitzender der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V. (BVSS) klar. Doch die eigene Angst vor dem fehlerhaften Sprechen und vor der Reaktion der Mitmenschen auf das ‚Anders sein‘ führt zu weiteren Einschränkungen. „Um sich vor schiefen Blicken zu schützen bestellt jemand beim Bäcker lieber vier statt der benötigten zwei Brötchen, weil er ‚vier‘ besser aussprechen kann“, erklärt Kremer eine der häufigsten Strategien, die Betroffene entwickeln. Andere vermeiden das Sprechen, wo immer es geht, und geraten so unweigerlich ins soziale Abseits.
Unsicherheit besteht jedoch nicht nur auf Seiten der Stotternden. Auch Zuhörer irritiert der Kampf mit den Worten und lässt sie mit der Frage zurück, wie sie sich am besten verhalten sollen. Die Stotterer-Selbsthilfe betreibt Aufklärungsarbeit und will Hemmschwellen abbauen. „Im Gespräch mit einem Stotternden gelten die gleichen Regeln, wie für jedes gute Gespräch“, meint Kremer und fasst drei wesentliche Punkte zusammen: „Unverkrampften Blickkontakt halten, Zeit zum Aussprechen geben und jeden seine Sätze selbst zu Ende bringen lassen. Auch wer stottert, weiß genau, was er sagen will – er kann es nur nicht flüssig aussprechen“. Das oft als Hilfe gemeinte Vervollständigen von Wörtern und Sätzen ist deshalb kontraproduktiv. Es wirkt wie eine Bevormundung und das Gefühl, nicht respektiert zu werden, kann die Stotter-Symptomatik sogar verstärken.
Ausführliche Informationen über die Sprechbehinderung Stottern erhalten Interessierte über die zentrale Informations-und Beratungsstelle der Stotterer-Selbsthilfe in Köln (www.bvss.de). „Stottern ist keine sichtbare Behinderung. Betroffene haben daher eine Art Wissensmonopol und können durch einen selbstbewussten, offenen Umgang sich und ihren Mitmenschen helfen“, motiviert Kremer zur mehr Offenheit.
Quelle: Pressemitteilung der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V. (BVSS)