Am 4. Februar ist Weltkrebstag: In Deutschland sind nach einer Prognose des Berliner Robert Koch-Instituts mehr Menschen neu an Krebs erkrankt als in den Vorjahren. Die Schätzung für 2012 liegt bei 486.200 neuen Patienten. Das sind rund 16.400 mehr als im Jahr 2008, für das die jüngsten verlässlichen bundesweiten Krebsdaten vorliegen. Grund für diese Entwicklung ist nach Einschätzung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) vor allem die alternde Gesellschaft.
„Krebs ist eine Alterskrankheit. Der demographische Wandel wirkt sich auf die Zahl der Krebsneuerkrankungen daher ganz besonders aus“, erklärt Prof. Otmar D. Wiestler, DKFZ-Vorstandsvorsitzender. „Für die Krebsforschung und Krebsmedizin bedeutet das eine große Herausforderung. Wir müssen die Krebsprävention intensivieren, denn in der Vorbeugung liegt die große Chance für alle, die heute jung und gesund sind. Wichtig ist außerdem, Behandlungsverfahren für den älteren Patienten anzupassen.“
Das mittlere Erkrankungsalter für Krebs insgesamt liegt bei 69 Jahren für Männer und 68 Jahren für Frauen. „Aber nur wenige Krebsarten haben einen Erkrankungsgipfel im jüngeren oder mittleren Lebensalter, darunter Gebärmutterhalskrebs oder Hodenkrebs. Bei diesen Erkrankungen haben wir nur geringe altersbedingte Steigerungen zu erwarten“, sagt Prof. Nikolaus Becker, Leiter des Epidemiologischen Krebsregisters Baden-Württemberg im DKFZ. „Bei der Mehrzahl der Krebsarten steigt jedoch das Erkrankungsrisiko mit dem Alter an. Dazu zählen häufige Krankheiten wie Darm- oder Prostatakrebs, aber auch Bauchspeicheldrüsen-, Magen- und Lungenkrebs“. Wie dramatisch sich die Lebenserwartung in Deutschland innerhalb von nur zwei Generationen entwickelt hat, zeigt ein Vergleich der Geburtsjahrgänge 1949-1951 und 2009-2011: Innerhalb von gerade mal 60 Jahren stieg die Lebenserwartung um mehr als 14 (Frauen) bzw. mehr als 13 Jahre (Männer). Und die aktuellen Werte liegen wiederum um zwei bzw. drei Monate über denen der vorherigen Erhebung (2008-2010). „Wichtigstes Ziel der meisten Menschen ist es, die gewonnen Lebensjahre bei guter Gesundheit zu erleben“, so Prof. Wiestler. „Auch im höheren Alter trägt gesundheitsbewusstes Verhalten noch dazu bei, das Krebsrisiko zu senken.“
Rauchstopp lohnt sich immer
Das unterstreichen aktuelle Forschungsergebnisse von Prof. Hermann Brenner im DKFZ. „Viele ältere Raucher gehen fälschlicherweise davon aus, dass es für sie ohnehin zu spät sei, um von einem Rauchstopp zu profitieren.“ Wissenschaftler seiner Abteilung prüften deshalb internationale Studien, die den Einfluss des Rauchens auf die Gesamtsterblichkeit bei Menschen über 60 Jahren untersuchen. Dabei achteten sie besonders darauf, wie der Einfluss des Rauchens mit dem Lebensalter zusammenhängt und ob es sich auch im höheren Alter noch lohnt, mit dem Rauchen aufzuhören. Das Ergebnis: auch ältere Raucher profitieren von einem Rauchstopp, der Effekt lässt sich sogar noch für über 80-Jährige nachweisen. Neben einem gesundheitsfördernden Lebensstil trägt auch die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen dazu bei, Krebs im Alter zu vermeiden (s. hierzu auch http://www.hno-aerzte-im-netz.de/news/hno-news/kehlkopfkrebs_jaehrliche_..."Opens external link in new window">http://www.hno-aerzte-im-netz.de/news/hno-news/kehlkopfkrebs_jaehrliche_vorsorge_und_frueherkennung_sind_fuer_raucher_wichtig.html). „Wir haben errechnet, dass die Darmkrebsvorsorge, die wir heute betreiben, die Erkrankungs- und Sterbefälle an Darmkrebs in den kommenden Jahren deutlich senken wird – und zwar insbesondere in den höheren Altersstufen. Bereits jetzt sehen wir bei Darmkrebs einen Rückgang der jährlichen Erkrankungszahlen, obwohl aufgrund der demographischen Entwicklung eigentlich eine Zunahme zu erwarten wäre. Dieser Effekt könnte noch viel deutlicher ausfallen, wenn die Früherkennung noch mehr genutzt würde. Leider nehmen insbesondere Männer Früherkennungsuntersuchungen immer noch zu selten wahr“, sagt Prof. Brenner. Eine besondere Herausforderung stellt auch die Behandlung der teilweise hochbetagten Krebspatienten dar. Prof. Christof von Kalle, Direktor des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, sagt: „Viele Krebstherapien sind gerade für ältere Menschen sehr belastend, insbesondere, wenn sie Begleiterkrankungen haben und bereits zahlreiche Medikamente einnehmen müssen. Deshalb ist es umso wichtiger zu beobachten, wie neue Behandlungsformen unter Alltagsbedingungen bei den „echten“, älteren und teilweise multimorbiden Krebskranken wirken. Denn die Patienten in den Zulassungsstudien der jeweiligen Medikamente sind meist deutlich jünger und gesünder“. Diese Versorgungsforschung wird nun durch die Klinischen Krebsregister ermöglicht, deren flächendeckenden Ausbau der Bundestag in diesem Frühjahr beschließen wird. Auch in der Entwicklung der zielgerichteten, so genannten personalisierten Therapien sieht von Kalle eine Chance, älteren Patienten verträglichere Behandlungen anbieten zu können: „Diese Medikamente sind generell weniger belastend und haben eine geringere Giftigkeit für den Gesamtorganismus.“
Quellen: http://www.dkfz.de/"Opens external link in new window">www.dkfz.de, http://www.rki.de/"Opens external link in new window">www.rki.de, dpa, http://www.pixelio.de/"Opens external link in new window">www.pixelio.de