Die Kanarienvogelrasse "Belgischer Wasserschläger" wurde über Jahrhunderte gezielt so gezüchtet, dass sie besonders laut und in einem nachtigallähnlichen Stil singen. Eine Begleiterscheinung der Zucht war jedoch, dass sich bei den Tieren eine genetisch bedingte Hörstörung entwickelte. Diese wird durch den Verlust von Haarsinneszellen im Innenohr hervorgerufen. Bisher gingen die Forscher davon aus, dass diese Störung angeboren ist.
Diese These überprüften Priv.-Doz. Dr. Otto Gleich und sein Team von der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der Universitätsklinik Regensburg nun gezielt: Die Wissenschaftler testeten dazu mit Hilfe von elektrophysiologischen Messungen, ab welchem Schallpegel das Gehör der Tiere Geräusche registriert. Dabei stellten sie fest, dass die Wasserschläger unmittelbar nach dem Schlüpfen genauso gut hörten wie andere Kanarienvögel. Die typische Hörstörung entwickelte sich dann im Alter zwischen einem und drei Monaten. Ähnliches fanden die Forscher heraus, als sie die Haarsinneszellen anatomisch untersuchten: Schon ab einem Alter von einem Monat verloren die Vögel verstärkt die Sinneszellen, die fürs Hören essenziell sind.
Der Hörverlust tritt etwa in dem Alter auf, in dem die Vögel das Singen lernen, merken die Forscher an. Er ist wohl auch der Grund dafür, dass die Wasserschläger grundsätzlich zu lautem, tiefem Gesang neigen - sie können hohe und leise Töne einfach nicht wahrnehmen. Für Hörforscher sind die Tiere vor allem deswegen interessant, weil man an ihnen die Mechanismen untersuchen kann, die zum Verlust der Haarsinneszellen führen. Derartige Schäden treten beispielsweise auch bei der altersbedingten Schwerhörigkeit oder bei Hörschäden durch übermäßig laute Geräusche auf.
Quelle: dapd/wissenschaft.de; Hearing Research, doi:10.1016/j.heares.2010.07.003Bildquelle: Miroslaw/pixelio.de