Ein Krebspatient, der im Juni eine maßgeschneiderte Luftröhre erhalten hatte, lebt wieder ein weitgehend normales Leben. Der 36-Jährige hatte an einem fortgeschrittenen Speiseröhrentumor gelitten, der trotz intensiver Strahlentherapie auf Golfballgröße angewachsen war und zunehmend die Luftröhre blockierte. Eine Transplantation war die letzte Option, berichtete das Chirurgenteam des Karolinska Universitätskrankenhauses in Stockholm im Fachjournal "Lancet".
Da kein passendes Spenderorgan zur Verfügung stand, formten die schwedischen Mediziner ein synthetisches Luftröhrengerüst, bestückten es mit Stammzellen des Patienten und ließen das Produkt in einem speziellen Bioreaktor 36 Stunden lang heranwachsen. Dieses Labororgan verpflanzten sie dann nach Entfernung des Tumors in einer zwölfstündigen Operation. Die Prozedur sei erstmals in der Medizingeschichte geglückt, hatte das Karolinska-Institut (KI) mitgeteilt.
Der Mann sei nach einem Monat im Krankenhaus und einem Monat Rehabilitation nach Hause entlassen worden, berichtete das britisch-schwedische Team um Paolo Macchiarini. Unter seiner Leitung waren zuvor anderen Patienten bereits Luftröhren toter Spender verpflanzt worden, die von Spenderzellen befreit und mit patienteneigenen Stammzellen besiedelt worden waren. Die Besiedelung mit eigenen Stammzellen soll verhindern, dass das Organ vom Immunsystem abgestoßen wird.
Mit dieser Technik des "Tissue Engineering" (Gewebezüchtung) hoffen Forscher, neue Behandlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Insbesondere für Patienten im Kindesalter könne dies ein großer Vorteil sein, betonen die Mediziner, da für sie kaum Spenderluftröhren zur Verfügung stünden.
Erst kürzlich sei einem zweiten Krebspatienten, einem 30 Jahre alten US-Amerikaner, eine mit Stammzellen besiedelte künstliche Luftröhre eingepflanzt worden, berichtet das Team in "Lancet". Die Röhre sei diesmal aus speziellen Nanofasern gefertigt und der Ansatz so weiter verfeinert worden.
In einem Begleitkommentar geben Mediziner aus Boston zu bedenken, dass sich in den kommenden Jahre erst noch der langfristige Erfolg der maßgeschneiderten Implantate zeigen müsse. Erst dann dürfe eine breitere klinische Anwendung beginnen, fordern Harald Ott vom Massachusetts General Hospital und Douglas Mathisen von der Harvard Medical School. Die Suche nach dem idealen Material und den idealen Bedingungen laufe weiter.
Quelle: dpa / Pressemitteilung des Karolinska-Instituts