Kinder, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb leben, erkranken nachweislich seltener an Allergien oder Asthma bronchiale als gleichaltrige Stadtkinder. Aktuelle Studienergebnisse lassen nun vermuten, dass dieser so genannte Bauernhofeffekt u.a. durch den häufigen Kontakt zu Mykobakterien hervorgerufen wird. Denn diese Mikroorganismen können wesentlich zu einer Stärkung der Immunabwehr beitragen. Weiterhin wiesen Wissenschaftler nach, dass das Zuckermolekül Arabinogalaktan, welches in Futterpflanzen vorkommt, ebenfalls eine Schutzwirkung hat.
Aufgrund bisheriger Forschungen wusste man, dass es in landwirtschaftlichen Betrieben mit Tierhaltung verschiedenste Reservoire für Mykobakterien gibt. Genauere Erkenntnisse zu gewinnen, war daher das Ziel zweier Studienarbeiten, die kürzlich am Lehrstuhl für Mikrobiologie der Universität Bayreuth durchgeführt wurden. In diesen stellte sich unter anderem heraus, dass Proben mit einer besonders hohen Gesamtzahl von Mikroorganismen auch vergleichsweise viele Mykobakterien enthielten. Ein weiteres Teilergebnis: Mykobakterien konnten im Staub sowie auf dem Boden von Kälberställen und Bullenställen, nicht jedoch im Milchkuhstall nachgewiesen werden. Nach Ansicht der Forscher hängt dieser Unterschied vermutlich mit dem Alter der Ställe zusammen. Denn je älter die Ställe sind, desto größere Oberflächen aus Holz sind darin vorhanden, und desto mehr Mykobakterien wurden in den Proben gefunden. Die Forscher konnten zahlreiche weitere Reservoire von Mykobakterien identifizieren, wie etwa Kälbermist, Kuh- und Bullengülle und Felderde. Insgesamt zeigen die beiden Studienarbeiten, dass die auf dem Bauernhof lebenden Menschen relativ häufig mit Mykobakterien in Kontakt kommen. Daher stützen sie die Annahme, dass Mykobakterien in einem engen Zusammenhang mit dem „Bauernhofeffekt" stehen.
Stoff in Futterpflanzen beeinflusst Abwehrsystem günstig
Neben dem Kontakt zu Mykobakterien könnte auch ein pflanzliches Zuckermolekül zum Schutz vor Allergien beitragen. Bochumer Forscher haben im Kuhstallstaub einen weiteren Stoff entdeckt, der Landkinder möglicherweise vor Allergien und allergischem Asthma schützt: Arabinogalaktan, das in großen Mengen in Futterpflanzen vorkommt.
Dr. Marcus Peters von der Ruhr-Universität Bochum untersuchte Stallstaub, der in den Stallungen von verschiedenen Bauernhöfen in Deutschland, Österreich und der Schweiz eingesammelt worden war. Eine Analyse des Staubs ergab, dass er sich hauptsächlich aus pflanzlichen Bestandteilen zusammensetzt, darunter mehr als 10% des Zuckermoleküls Arabinogalaktan. Und eben dieses hindert laut Dr. Peters das Immunsystem an überschießenden Abwehrreaktionen, wenn es im ersten Lebensjahr in hoher Konzentration eingeatmet wird. Das Molekül kommt in großen Mengen in Futterpflanzen wie dem Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis) vor.
Die Forscher prüften, wie sich das Immunsystem von Mäusen gegenüber potenziellen Allergenen verhält, wenn Arabinogalaktan-Moleküle anwesend sind. Es zeigte sich, dass die dendritischen Zellen, die den Immunzellen schädliche Eindringlinge präsentieren, in Anwesenheit von Arabinogalaktan ihr Verhalten ändern. Sie produzieren dann einen bestimmten Botenstoff, der die Immunreaktion dämpft. Welche Rezeptoren der dendritischen Zellen für den Mechanismus verantwortlich sind, muss noch untersucht werden.
Dass ausgerechnet ein Gras-Bestandteil vor Heuschnupfen schützt, wundert die Forscher nicht: „Das ist eine Konzentrationsfrage", meinte Dr. Peters. „In kleineren Konzentrationen können die Pollen des Wiesenfuchsschwanzes Allergien auslösen, in großen Dosen und sehr früh im Leben aber auch verhindern. Nichts anderes als eine Dosissteigerung ist ja auch die Strategie bei der Hyposensibilisierung.
Quellen: Pressemeldungen der Universität Bayreuth und Universität Bochum, SpringerMedizin.deBildquelle: www.pixelio.de